Der Duft des Haiku – 11 klassische Dreizeiler nicht nur für die Nase

Der Duft des Haiku - 11 klassische Dreizeiler voller Schönheit

Man muss kein angehender Parfümeur sein, um in Düften schwelgen zu wollen. Haiku können sinnlich sein, Gerüche gehören ganz selbstverständlich auch dazu. Häufig sind es Blüten, was naheliegt.

Das alte Japan mag ganz anders gerochen haben, als wir es uns heute vorstellen können, vor allem in den Städten. Dennoch kommen uns die Haiku auch hier vertraut vor. Vieles ist nämlich immer noch wie damals. Die Welt hat sich gar nicht so geändert. Pflaumenblüten sind immer noch Pflaumenblüten, was immer zwischendurch geschehen sein mag.

Auf dem Marktplatz,
der Duft von allem –
Sommermond.

Nozawa Bonchō (1640 – 1714)

Nicht zu fassen –
der Duft des Frühlings
im bunten Gewand.

Masaoka Shiki (1867–1902)


Flimmernde Hitze –
mit jedem Schlag der Hacke
duftet die Erde.

Takakuwa Rankō (1726–1798)


Der Duft von Pflaumenblüten –
plötzlich leuchtet die Sonne
über dem Bergpfad.

Matsuo Bashō (1644–1694)


Melonenduft –
ein Fuchs steckt seine Nase
in die Mondnacht!

Kaya Shirao (1735–1792)


Meine Heimat –
wenn die Blüten der Mandarine
ihren Duft verströmen.

Taneda Santōka (1882–1940)


Pflaumenblüte –
faltige Hände halten
ihren zarten Duft.

Yosa Buson (1716–1784)


Der Duft der Dunkelheit,
pflückt man ihn, ist er weiß –
Pflaumenblüten.

Yokoi Yayu (1702-1783)


Der Duft der Pflaume
steigt empor –
bis in des Mondes Hof.

Altmodischere Alternative:

Der Duft der Pflaume
hebt sich himmelan –
bis in des Mondes Hof.

Yosa Buson


Pflaumenduft –
ich schiebe die Tür beiseite,
Mondnacht!

Kobayashi Issa (1763–1828)

Haiku? Wenn du Haiku zum ersten Mal liest, kannst du sie einfach auf dich wirken lassen. Klassische Haiku sind immer:

– authentisch, nicht nachgemacht
– wirksam, wie Medizin, aber voller Poesie
– traditionsverbunden, aber nie museal
– zeitlos, jedoch nicht verstaubt

Hier sind Haiku Klassiker Beispiele. Für mehr Hintergrund und Tipps zur Anwendung im Alltag gibt es weiterführende Seiten:

Was ist ein Haiku?
Was ist das Geheimnis der Haiku?

Der Duft des Frühlingstees –
und die Mittagsmüdigkeit
ist verflogen.

Shincha Tee, der zuerst in einem Jahr gepflückte Tee. Die Pflanze Camellia sinensis treibt nicht jedes Jahr neu aus, sondern hat ganzjährig Laub und ruht nur im Winter. Sobald es wärmer wird, beginnt sie wieder zu wachsen – und die ersten zarten Triebe gelten als die beste Ernte des Jahres. In vielen Teeanbaugebieten wie Shizuoka, Kyoto (Uji) oder Kagoshima ist der Winter nicht sehr streng, sodass die Pflanzen frühzeitig austreiben.

Kobayashi Issa


Sommer 1694, beim Betreten der Suruga Province

Auf der Suruga-Straße –
selbst die Orangenblüten
duften nach Tee.

Suruga war ein historisches Teeanbaugebiet, bekannt für seine duftenden Felder, Dämpfe und Früchte, eingebettet in eine wichtige kulturelle Reiseroute.

Matsuo Bashō

PS
Pflaumenblüten duften (extern) stärker als Kirschblüten. Das ist nicht unwichtig, sondern in der japanischen Lyrik tief verankert – der Pflaumenduft steht oft für das Unsichtbare, Tiefe und Frühere – der Kirschblütenfall für das Flüchtige, Sichtbare, Endende. Falls du Kirschblüten also vermisst haben solltest, das war die Erklärung.

Der Duft des Haiku - 11 klassische Dreizeiler voller Schönheit

Die Grafiken wurden von DALL-E und dem Microsoft Designer via Bing generiert.

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Übersetzerhinweis

Wie ich übersetze
Die Übersetzungen stammen von Lenny Löwenstern. Jede Zeile wurde sorgsam bearbeitet – nicht automatisch, sondern mit viel Sprachgefühl und modernen Werkzeugen. Ziel war, das Wesen der japanischen Originale zu bewahren – in einer Weise, die heute berührt.

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