
Yosa Buson (1716–1784) gilt neben Matsuo Basho und Kobayashi Issa als einer der größten Haiku-Dichter der Edo-Zeit. Er war nicht nur ein herausragender Lyriker, sondern auch ein bedeutender Maler. Im Haiga, das ist die Verbindung von Haiku und Bild, entwickelte er eine neue Ausdrucksform.
Geboren wurde Buson in der Nähe des Yodo-Flusses, im heutigen Osaka. Sein ursprünglicher Familienname war Taniguchi. Über seine Kindheit ist wenig bekannt; nach Überlieferung war er der Sohn einer Dienstmagd namens Gen und eines Dorfvorstehers. Eine frühe Station seiner Kindheit soll der Seyaku-ji-Tempel in Yosano gewesen sein, dem er später ein Faltbild als Dank schenkte.
Einsam im Geäst
rastet der Mond –
die Dreizehnte Nacht.
Mit etwa 20 Jahren zog Buson nach Edo (heute Tokio), wo er Haiku bei dem Meister Hayano Hajin studierte. Sein Lehrer führte ein Haus mit dem Namen Yahantei (Mitternachtspavillon), dessen Geist Buson später weitertrug.
Nach Hajins Tod wandte sich Buson verstärkt der Malerei zu, begann eine Zeit des Reisens und hielt sich unter anderem in den Provinzen Shimosa, Ibaraki und Tochigi auf. Inspiriert von seinem großen Vorbild Basho, unternahm er eigene Reisen in den Norden Honshus und veröffentlichte seine Erlebnisse 1744 erstmals unter dem Namen Buson.
Rapsblüten!
Der Mond im Osten.
Die Sonne im Westen.
Mit 36 Jahren zog er nach Kyoto, blieb aber zunächst nicht dauerhaft. Erst mit 42 Jahren ließ er sich endgültig in Kyoto nieder und nahm den Namen Yosa an – eine Hommage an die Herkunft seiner Mutter. Er heiratete mit 45 Jahren und bekam eine Tochter, Kuno. Um seine Familie zu unterstützen, widmete sich Buson intensiv der Malerei. Er tat das weniger aus künstlerischer Leidenschaft, als um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten zu können. Dennoch erkannten wohlhabende Bürger in Kyoto sein Talent und wurden zu seinen Förderern.
Die Kurtisane vertraut
auf die nächste Welt,
bei der Blütenschau.

Buson malte im Nanga-Stil, die chinesische Vorbilder aus der Yuan- und Ming-Zeit adaptierte. Obwohl er zunächst als Maler bekannt wurde, entwickelte er gleichzeitig ein einzigartiges dichterisches Werk. Die gegenseitige Befruchtung von Malerei und Poesie prägte seinen Stil entscheidend: Seine Haiku wirken wie fein komponierte Bilder, seine Gemälde besitzen umgekehrt die Sensibilität eines Dichters.
Erst mit 55 Jahren wurde Buson offiziell zum sosho (Meister) einer Haiku-Gruppe ernannt – ein vergleichsweise spätes Ansehen für seine Zeit. Dennoch schuf er über 3.000 Haiku, viele davon von zeitloser Schönheit.
Alter Brunnen –
in die dunkle Tiefe fällt
eine Kamelienblüte.
Im Alter von 68 Jahren starb Buson in Kyoto, wo er im Konpuku-ji-Tempel seine letzte Ruhe fand.
Sein Werk wird heute in Museen auf der ganzen Welt bewahrt und bewundert. Seine feinsinnige, visuelle Dichtung beeinflusst Haikuisten bis heute.
Die Kamelienblüte fällt –
und mit ihr
der Regen von gestern.
Buson war Maler, und das merkt man seinen Haiku an. Sie leuchten, sie funkeln, sie spielen mit Licht und Schatten. Goldene Blätter im Herbst, der Mond über dem stillen Wasser, das Blitzen eines Regentropfens – seine Welt ist geprägt von Kontrasten. Er malt mit Worten, setzt feine Pinselstriche, erschafft Landschaften, die sich im Geist des Lesers entfalten.
Seine Haiku haben eine fast schon feierliche Eleganz. Sie sind wie der Moment, wenn sich eine Tür öffnet und eine Kerze den Raum erhellt. Dabei bleibt er oft distanziert, ein stiller Beobachter, der Schönheit einfängt, ohne sich in ihr zu verlieren.
Herbstmelancholie –
kaum will ich Abschied nehmen,
setzt der Winterregen ein.

Werkstattbericht
Das Porträt Busons fertigte die KI ChatGPT nach einer historischen Zeichnung von Matsumura Goshun an. Die farbigen Grafiken stammen von DALL-E und dem Microsoft Designer via Bing.
Wie ich übersetze
Die Übersetzungen stammen von Lenny Löwenstern. Jede Zeile wurde sorgsam bearbeitet – nicht automatisch, sondern mit modernen Werkzeugen. Ziel war, das Wesen der japanischen Originale zu bewahren – in einer Sprache, die heute berührt.