
Das Bad war und ist wichtig in Japan. Darauf lassen sie nichts kommen. Das war auch früher schon so. Man könnte sagen den Japaner waren ihre Sentos und Onsen so wichtig wie den Römern ihre Thermen. Das hat in den Haiku natürlich Spuren hinterlassen.
Auch wenn unsere westliche Badekultur eine andere ist, sind kleinen Gedichte gut nachvollziehbar und machen Spaß. Denn ein öffentliches Bad ist immer auch ein gesellschaftliches Ereignis.
Ein Onsen ist eine natürliche heiße Quelle in Japan, die oft als Badeanlage genutzt wird. Das mineralhaltige Wasser gilt als wohltuend und entspannend, besonders im Winter. Typischerweise besteht es aus einem Steinbecken oder Holzbecken, das in ruhiger Umgebung liegt – oft am Waldrand, in den Bergen oder neben einem Fluss. Das Wasser enthält je nach Region Mineralien wie Schwefel, Eisen oder Salz, die heilend wirken sollen, so wie wir es aus Kurorten kennen. Man sitzt nackt drin. Männer und Frauen getrennt.
Für Wanderer waren die Bäder ein Ereignis. Von vielen Haikuisten ist überliefert, dass sie die Bäder liebten, von Santoka etwa oder Shiki, dassselbe gilt auch für Basho.
Hier sind 10 Haiku, die diese Welt für uns lebendig machen. Vielleicht bekommst du Lust, dich in heißem Wasser zu rekeln …
Badedampf steigt auf –🌸🌸🌸🌸🌸
in der mondhellen Nacht
wird es Frühling.
Kobayashi Issa (1763–1828)
Das Morgenbad quillt über,🌸🌸🌸🌸🌸
die Stille …
vollauf versunken.
Taneda Santoka (1882–1940)
morgendliches Bad🌸🌸🌸🌸🌸
das Wasser schwappt über –
ich mittendrin
Taneda Santoka

Heißes Bad in den Bergen –🌸🌸🌸🌸🌸
das Wasser schwappt schwer,
der Tag ist lang.
Kobayashi Issa
Haiku? Wenn du Haiku zum ersten Mal liest, kannst du sie einfach auf dich wirken lassen. Klassische Haiku sind immer:
– authentisch, nicht nachgemacht
– wirksam, wie Medizin, aber voller Poesie
– traditionsverbunden, aber nie museal
– zeitlos, jedoch nicht verstaubt
Probiere den Haiku-Deuter (mit KI). Für mehr Hintergrund und Tipps zur Anwendung im Alltag gibt es weiterführende Seiten:
↬ Was ist ein Haiku?
↬ Was ist das Geheimnis der Haiku?
Die Sommerberge🌸🌸🌸🌸🌸
hinauf, hinab –
Sieben heiße Quellen!
Masaoka Shiki
Heißer Badedampf –🌸🌸🌸🌸🌸
flauschigweich wie
flatternde Falter.
Kobayashi Issa
Beim Verlassen des Bades –🌸🌸🌸🌸🌸
wie oft geht der Blick zurück
in die Dampfschwaden?
Matsuo Basho (1644–1694)
hinter dem Morgenblumenzaun🌸🌸🌸🌸🌸
nimmt jemand ein Bad –
Sommerfrische!
Masaoka Shiki (1867–1902)
Ein Morgenblumenzaun (blühende Prachtwinden sind gemeint), das klingt nach einem kleinen Paradies – ein Zaun, der jeden Morgen mit frischen, vergänglichen Blüten geschmückt ist und die Welt dahinter milde verbirgt. Allein das Wort trägt schon diesen Zauber aus Einfachheit und Schönheit in sich. Es hat auch diesen fast nostalgischen Ton, ein bisschen wie aus einer alten Kindheitserinnerung oder einem japanischen Dorf, wo Natur und Alltag noch ineinanderfließen.
Eisbaden –🌸🌸🌸🌸🌸
um meinen Hals herum
zittert der Mond im Wasser.
Kobayashi Issa
Einsame Hütte –🌸🌸🌸🌸🌸
nach dem Bad
die Zikade in der Kiefer.
Kobayashi Issa
Der Waschzuber leckt –🌸🌸🌸🌸🌸
ebenso rinnt der
Frühling dahin.
Yosa Buson (1716–1784)

Linktipp
Werkstattbericht
Die Grafiken wurden von DALL-E und dem Microsoft Designer via Bing generiert.

Übersetzerhinweis
Wie ich übersetze
Die Übersetzungen stammen von Lenny Löwenstern. Jede Zeile wurde sorgsam bearbeitet – nicht automatisch, sondern mit modernen Werkzeugen. Ziel war, das Wesen der japanischen Originale zu bewahren – in einer Sprache, die heute berührt.